Rehbockjagd in Polen
Trotz eigener Reviere sollte es ein paar Tage auf Böcke nach Polen gehen. Drei Tage in einem grenznahen Revier und mit schöner Unterkunft sollten es sein. Unsere Wahl fiel dann auf Maniszewo Ende Juli, denn zu der Zeit sollte die Brunft in vollem Gange sein. Nach eindreiviertel Stunden von Berlin aus standen wir drei, Gerrit, Markus und ich, bereits am Tor des Anwesens und unsere Wirtin „Gosia“ hieß uns in gebrochenem Deutsch aber sehr herzlich willkommen. Wir sollten rasch unsere Zimmer beziehen und dann zum Mittagessen kommen. Ich weiß nicht, ob wir so verhungert aussahen, oder man in Polen glaubt, in Deutschland gäbe es nichts zu essen: es gab mittags und abends stets drei Gänge mit drei verschiedenen Sorten Fleisch oder Geflügel, morgens vor der Jagd ein kleines, nach der Jagd ein großes Frühstück und nachmittags Kaffee und Kuchen.
So saßen wir dann am Nachmittag bei gut dreißig Grad etwas träge unter dem Sonnenschirm auf der Terrasse des großen Hauses und warteten auf die Jagdführer, die mit uns vor der ersten Pirsch noch ein paar Probeschüsse machen wollten. Alles lief problemlos und dann saßen wir jeder mit seinem Jagdführer im Wagen und fuhren unseren jeweiligen Revierteilen entgegen. Maniszewo hat etwa 18.000 Hektar Fläche, die vier Jagdführer unter sich aufgeteilt haben. So hatte jeder einen großen Revierteil für sich.
Die Rapsmaht war in vollem Gange und große Maschinen krochen wie gefräßige Heuschrecken über die bis zu 150 Hektar großen Schläge. Mein Jagdführer Spiszek steuerte so einen Schlag an und hielt das Auto direkt unter einer Leiter auf dem Stoppel. So dicht am Auto rechnete ich mir nichts aus, aber schon bald trat eine Ricke nur 15 Meter weiter aus und ihr folgten zwei Jährlingsspießer. Auf weitere Entfernung sahen wir vereinzelt Rehe aus dem Raps flüchten, die aber nicht zu uns rüber kamen. Dann schnürte aber ein Fuchs auf uns zu und ich konnte ihn auf Wunsch von Spiszek auf 80 Meter strecken. Später am Abend pirschten wir noch näher an das kleiner werdende Feld heran, denn der Drescherfahrer hatte telefonisch Sauen im Raps gemeldet. Leider war es dunkel, bevor das Feld fertig wurde.
Zurück im Quartier warteten bereits die Freunde. Beide waren auf Böcke zu Schuss gekommen, hatten aber leider vom Schiessstock aus gefehlt, da ihnen das ungewohnt war. Das tat der Stimmung im Kreis mit den Jagdführern bei einem Erfrischungsgetränk aber keinen Abbruch. Da es aber morgens um vier Uhr wieder raus gehen sollte, gingen wir bald ins Bett.
Am nächsten Morgen sind wir dann verschiedene Felder angefahren und haben lange Pirschen unternommen. Mir kamen auch einige Böcke in Anblick, aber Starke waren nicht darunter. Immer wieder konnten wir Sauen in noch nicht geernteten Rapsfeldern vernehmen. Der Bestand schien gut zu sein und die jährliche Strecke von 400 Stück pro Jahr bestätigt dies. Mansizewo ist ein privates Revier, eine sog. "OHZ", was für „Wildzuchtzentrum“ steht. Tatsächlich werden hier Fasanen gezüchtet und europaweit verkauft. Allerdings ist man auch für die Wildschäden ersatzpflichtig und daher wird die Jagd auf Schwarzwild mit interessanten Rabatten gefördert.
Zurück im Quartier strahlen die Freunde: Gerrit hat einen starken, etwa sechsjährigen Abschussbock gestreckt, der später 340 Gramm netto auf die Waage bringt, und Markus hat zwei brave Sechser in der 280-Gramm Klasse erlegt. Nach einem ausgiebigen Vormittagsschlaf erkunden wir erst den Park des Anwesens um das Haus und besichtigen die Fasanerie. Dann erfrischen wir uns bei über dreißig Grad im Schatten im Pool. Auch ein Tennisplatz stünde zur Verfügung, aber es ist einfach zu heiß. Wir sind die einzigen Gäste und alles ist herrlich ruhig und erholsam.
Die Abendpirsch bringt mir keinen schussbaren Bock in Anblick, aber in der letzten Stunde setzen wir uns mit dem Sitzstock an eine Feldkante, wo zahlreiche frische Wechsel aus dem Raps über einen Stoppel in ein bereits arg in Mitleidenschaft gezogenes Weizenfeld führen. Gelegentlich hören wir es rauschen im Raps, sehen aber bis auf einen Fuchs auf 300 Meter nichts. Plötzlich zieht Wild auf uns zu. Ich mache mich zur Rapskante hin fertig und schon zieht auf maximal 40 Meter eine große graue Bache auf den Stoppel, der bald eine weitere und zahlreiche Frischlinge folgen. Fast freihändig ist es nicht ganz einfach, aber im Knall fällt ein Kujel und die Rotte geht ab. Etwa dreißig Sekunden später kommen vier Nachzügler aus dem Raps und verhoffen. Es gelingt mir, zwei von ihnen zu erlegen und Spiszek ist sehr zufrieden. Wir brechen sie vor Ort auf und transportieren sie auf dem ausklappbaren Wildträger seines Suzukis zur Wildkammer. Dort hängt bereits ein weiterer Bock von Marcus.
Der zweite Jagdtag bringt Gerrit einen starken, alten Abschussbock mit 400 Gramm netto. Ein wirklich guter Bock für das Revier. Gerrit strahlt über das ganze Gesicht. Nicht zuletzt, weil er bei der Pirsch auf diesen Bock sehr unter den zahlreichen Mücken und Bremsen zu leiden hatte. Ich sehe abends noch ein 11-köpfiges Rudel Rotwild, wie es in ein Weizenfeld zieht und ein paar Sauen, die aber im Raps unerreichbar sind. Ansonsten habe ich den Eindruck, dass die Böcke aufgrund der Hitze vielleicht mehr nachts und in den ersten Morgenstunden unterwegs sind. Die Freunde haben allerdings mehr Anblick als ich.
Am letzten Morgen pirschen wir einen Knick zwischen einem abgeernteten Raps- und einem noch stehenden Weizenfeld entlang und baumen auf einer Leiter auf. Kaum oben, sehen wir auf dem Stoppel einen Bock auf etwa 100 Meter ziehen. Wir sind uns einig, dass er etwa vierjährig ist und ich zögere. „Select“ raunt mir Spiszek zu, natürlich will er auch den Erfolg. Ich zögere weiter, aber wie ich dann das ungleiche Gehörn mit den tiefen Vordersprossen sehe, schieße ich doch und der Bock verschwindet im Weizen. „Bock liegen“ sagt Spiszek, geht zum Anschuss und folgt anscheinend einer Schweißfährte, wie ich von der Leiter aus vermute. Nach 50 Schritt verhofft er und signalisiert „Daumen hoch“. Wie er den Bock an den Knick zieht erleben wir beim Blick in den Äser eine Überraschung: die Zähne sind komplett abgeschliffen, der Bock wohl sieben oder acht Jahre alt. Das Gehörn hat fast keine Rosen und die Trophäe hohe und verhältnismäßig dünne Rosenstöcke. Dieser Bock hat sicherlich schon einige Jäger vor uns getäuscht und sich so durchgemogelt.
Hoch erfreut kehren wir zum Jagdhaus zurück, wo noch ein paar Fotos von Markus zweiter Sau im Leben und der restlichen Strecke gemacht werden. Zum Mittagessen sind alle Gehörne blitzweis abgekocht und werden für das Protokoll verwogen. Großzügig werden Abzüge für frisch getrocknete Trophäen gemacht. Insgesamt haben wir sechs Böcke, vier Sauen und einen Fuchs gestreckt. Mit etwas ruhigerer Hand hätten es auch doppelt so viele Böcke sein können, aber so ist die Jagd. Wir verlassen dieses herrliche Revier mit seiner schönen Unterkunft im Park, der guten Küche und den einsatzfreudigen wie freundlichen Jagdführern nach dem Mittagessen und sind nach gut anderthalb Stunden wieder in Berlin. Kurz, aber intensiv, erholsam und schön waren die „heißen Tage in Maniszewo“ und wir werden sicherlich wiederkommen.
Klaus A.
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